Kreishandwerkerschaft Niedersachsen-Mitte

Ausbleibender Konjunkturaufschwung im Handwerk

Der ZDH-Konjunkturbericht zeigt, wie dringend Betriebe Klarheit und Verlässlichkeit brauchen. Investitionen werden wegen politischer Unsicherheit zurückgehalten, so ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke zu Larissa Schwedes von „dpa“.

„Der noch zu Jahresbeginn erhoffte Konjunkturaufschwung im Jahresverlauf 2024 bleibt aus. Der private Konsum entwickelt sich zwar positiv, allerdings mit schwächerer Dynamik als erhofft. Der Export schwächelt weiter, und die Belastungen aus dem Einbruch im Wohnungsbau setzen sich fort. Auch im Handwerk wird die Stimmung nachweislich schlechter. Unter diesen Umständen erwarten die Betriebe bestenfalls eine Seitwärtsbewegung der Handwerkskonjunktur auf nun deutlich niedrigerem Niveau. Aktuell ist von einem nominalen Umsatzminus von etwa 1 Prozent im Gesamthandwerk auszugehen.

Auch im Handwerk spüren wir: Wenn die Zuversicht schwindet, sinken die Investitionen in die Zukunft. Von den Betrieben wissen wir, dass viele von ihnen Investitionen zurückhalten. Dabei brauchen wir genau diese Zukunftsinvestitionen dringend. Wir brauchen Klarheit und Verlässlichkeit. Die ständige politische Uneinigkeit der Ampelkoalition besonders in den vergangenen Wochen, aber auch schon in der Zeit davor, hat wichtige Investitionen blockiert und die Betriebe verunsichert. Genau hier hätte es einer Regierung bedurft, die die ihr übertragene Verantwortung tatsächlich lebt, parteipolitische Interessen zurückstellt und sich auf ein gemeinsames Regierungshandeln mit Kompromissen einigt, die die Wachstumsblockaden lösen und die gesamte Wirtschaft voranbringen.

Von entschlossenem Regierungshandeln sind wir nach der Entlassung des Bundesfinanzministers weiter denn je entfernt. Es ist mehr als fraglich, ob das Kalkül des Kanzlers aufgehen wird, die anstehenden Haushaltsgesetze und weitere Gesetzesvorhaben nun mit der Opposition durch den Bundestag zu bekommen. Statt Sicherheit über die wirtschaftspolitischen Bedingungen zu schaffen, ist die Unsicherheitsphase für die Betriebe ein weiteres Mal verlängert worden. So lässt sich kein Wachstums- und Investitionsturbo zünden.

Wir fordern seit Monaten: „Es ist Zeit, zu machen!“ Und haben stattdessen seit Monaten Uneinigkeit und Unentschlossenheit gesehen. Geopolitische Umstände haben ohne Frage ihren Anteil an der Abkühlung der Wirtschaftslage, doch ganz überwiegend liegen die Ursachen in strukturellen Standortschwächen. Die Stichworte sind hier: überbordende Bürokratie, zu hohe Energiekosten, immer weiter steigende Sozialabgaben, Fachkräftebedarf. Wettbewerbsfähigkeit kann man nicht herbeisubventionieren und Standortdefizite lassen sich nicht wegsubventionieren. Wir brauchen Reformen: Stillstand können wir uns nicht leisten. Machen bleibt also auch nach dem Koalitions-Aus das Gebot der Stunde!

Die Beschäftigungsentwicklung bleibt unter Druck: Die Zahl der Beschäftigten im Handwerk geht zurück, im Jahr 2024 voraussichtlich um etwa 1,5 Prozent. Weniger wegen Entlassungen, sondern mehrheitlich wegen zunehmender Renteneintritte, fehlender Betriebsnachfolgen und daraus resultierenden – häufig stillen – Betriebsschließungen werden rund 80.000 Arbeitsplätze im Handwerk verloren gehen. Immer häufiger hören wir von frustrierten Betriebsinhabern, die ihre Betriebe schließen, weil Bürokratie, hohe Kosten und Abgaben ihnen das Arbeiten immer schwerer machen. Und so paradox es erscheinen mag: Der Rückgang von Arbeitsplätzen geht gleichzeitig einher mit einem weiter hohen Fachkräftebedarf im Handwerk. Zigtausende Stellen können nicht besetzt werden, weil keine geeigneten Bewerberinnen und Bewerber dafür zu finden sind.

Ein sehr wichtiger Schritt zur Entlastung der Betriebe wäre es, die hohen Sozialabgaben zu senken: Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag hat 2023 die 40-Prozent-Marke überschritten und wird voraussichtlich 2025 auf ein 20-Jahres-Hoch steigen. Prognosen deuten auf einen möglichen Anstieg auf 50 Prozent des Bruttolohns bis 2040 hin. Ein solcher Anstieg trifft das lohnintensive Handwerk überproportional und wird nicht durch kleine Änderungen aufzuhalten sein. Dafür braucht es grundsätzliche strukturelle Reformen und wirksame Obergrenzen für Sozialabgaben. Hier zu handeln ist dringlich.“

Quelle: https://www.zdh.de/

Bild: ZDH/Boris Trenkel

Teilen
Teilen